“Der Hirte sprach, die Schafe folgten”, “Er spricht – und alle springen” – das, was der SPIEGEL völlig wertfrei und Lage der Nation-Host Ulf Buermeyer sogar durchaus positiv als Reaktion auf die scheinbar im Grundgesetz festgeschriebene Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers zu sagen hatten, zeigt in Wahrheit nichts weniger als die Akzeptanz einer weiteren Hierarchisierung unserer Politik. Die alleinige Entscheidung von Olaf Scholz, die Atomkraftwerke in Deutschland bis April weiterlaufen zu lassen, kehrt der Demokratie ein weiteres Mal den Rücken zu.
Schlagwort: SPD Page 1 of 2
Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Wahlprogramm der SPD zur Bundestagswahl 2021. Er stellt eine Recherche dar, inwieweit die Versprechen des Wahlprogramms mit dem tatsächlichen Abstimmungsverhalten der Partei im Bundestag während der endenden Legislaturperiode von 2017 bis 2021 übereinstimmen.
Parteien werben in ihren Programmen mit zahlreichen Wahlversprechen. Als Wähler geht man davon aus, dass ihr tatsächliches Handeln diese Forderungen unterstreicht. Oft ist das auch der Fall, die SPD zum Beispiel fordert in ihrem Programm eine schnelle Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Pflege (SPD-Wahlprogramm 2021, S. 28) und setzte dazu bereits Pläne wie das Pflegelöhneverbesserungsgesetz in die Tat um.
Die Entstehungsgeschichte der DEMOCRACY App hat allerdings gezeigt, dass das nicht immer so sein muss.
Wir haben uns für die anstehende Bundestagswahl deshalb dazu entschlossen, die Wahlprogramme der Parteien mit ihrem tatsächlichen Handeln zu vergleichen – so auch für die SPD.
Vor 4 Jahren beschloss die Große Koalition ein Gesetz, dass Strafverfolgungsbehörden wie dem Bundeskriminalamt in bestimmten Verdachtsfällen den Einsatz von Staatstrojanern erlaubte. Dabei handelt es sich um eine Überwachungssoftware, die verdeckt auf Smartphones oder Computern installiert wird. Im Gegensatz zur üblichen Telekommunikationsüberwachung können Behörden durch diese Quellen-TKÜ auf verschlüsselte Chats oder Telefonate zugreifen.
Letzte Woche verabschiedete der Bundestag eine Anpassung des Verfassungsschutzrechts, durch die alle Nachrichtendienste von Bund und Ländern sowie die Bundespolizei nun auch eben jene Staatstrojaner unter bestimmten Bedingungen präventiv einsetzen dürfen. Dazu zählen die “Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt.“. In der Debatte vor der Abstimmung wurden die Staatstrojaner hitzig diskutiert. In unserem Recap erfahrt ihr, welche Fraktionen welche Positionen bezogen und welche Argumente zentral waren.
Das Bundesverfassungsgericht stempelte Ende April die Bemühungen der deutschen Politik für eine Eindämmung der Klimakrise dieses Jahres als unzureichend ab. Diese Nachricht schlug ein wie ein Blitz – und bewirkte ein sofortiges Umdenken nahezu in der gesamten Parteienlandschaft. Besonders ein Aspekt sticht auch einige Wochen später immer noch hervor und könnte weitere Handlungen der Regierungsfraktionen langfristig verändern: Der Begriff der Generationengerechtigkeit wurde wieder einmal herausgestellt, indem das Bundesverfassungsgericht in seiner Stellungnahme formulierte, es dürfe „nicht einer Generation zugestanden werden, unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des CO₂-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde“. Diese Feststellung rechtfertigt so beispielsweise die Ansicht, dass das formulierte 1,5-Grad-Ziel mit Maßnahmen des bis dahin geltenden Klimaschutzgesetzes nur dann erreicht werden könne, wenn jüngere und nachfolgende Generationen dafür in der Zukunft aufkämen. Dies sei aus Sicht der Verfassungsrichterinnen und Richtern nicht mit einer gerechten Belastung der verschiedenen Generationen vereinbar.
Liebe Leserinnen und Leser, bevor ich mit dem eigentlichen Artikel beginne, stellt euch zunächst folgende – zugegebenermaßen etwas makabre – Situation vor: Ihr seid schwer erkrankt, beispielsweise an Multipler Sklerose (MS), eine Krankheit, die in einigen Fällen damit einhergeht, dass früher oder später jegliche Bewegung unmöglich wird. Ihr könnt eure Hände kaum noch bewegen, ihr habt keine Kraft mehr, an eure Hobbies ist nicht einmal im Entferntesten mehr zu denken. Ist das noch ein lebenswertes Leben? Möchtet ihr euch in der Sicherheit wiegen, dass ihr euer Leben jederzeit beenden könnt, wenn ihr die vorherige Frage irgendwann verneint? Wenn ja, wer soll das dann übernehmen dürfen?
„Corona-Impfturbo in Deutschland“, „Deutschland legt den Impfturbo ein“, „Deutschland zündet tatsächlich den Impfturbo”. Die Meldungen überschlagen sich und das nicht zu Unrecht – Mehr als ein Viertel der Bevölkerung wurde einmal geimpft. Es sind gute Nachrichten, insbesondere nach den Startschwierigkeiten der deutschen Impfkampagne. Für diesen Monat werden weitere Großlieferungen erwartet und die Impfpriorisierung wird voraussichtlich im Juni aufgehoben.
Ich will diese Meldungen nicht gänzlich schlecht reden, trotzdem sind sie leider zweitrangig. Denn selbst wenn ganz Deutschland morgen durchgeimpft wäre, nur globaler Impffortschritt kann die Pandemie beenden und im Übrigen schon vor dem Ende Hunderttausende Menschenleben retten. Der eigene Nutzen für Deutschland wird spätestens klar, wenn man sich die zahlreichen Mutationen ansieht, die schon jetzt auf der ganzen Welt kursieren. Deshalb ist die weltweite Impfstrategie auch ein Thema für den deutschen Bundestag. Am Donnerstag wird im Parlament über einen Antrag von Die Linke hierzu diskutiert und abgestimmt. Ihn will ich mir genauer anschauen und die sehr spannende Diskussion um den ‘TRIPS-Waiver’ erläutern, der eine temporäre Aufhebung von Patenten auf Impfstoffe zur Folge hätte.
Die Geschichte des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland ist noch nicht allzu lang, es gibt ihn im Sommer 2021 gerade einmal sieben Jahre – und doch ist die Diskussion um das Thema immer wieder eine hitzig geführte. Zum Teil liegt das vermutlich an der Entwicklung hin zu einer vorgeschriebenen, branchenübergreifenden Lohnuntergrenze. Jahrelanger Ablehnung durch die Union und der FDP weit vor der Einführung 2014 standen regelmäßig Forderungen von SPD, der Linken und Arbeitnehmerverbänden gegenüber. Dabei ging es in großen Teilen um die Höhe der Summe, die minimal für eine Stunde Arbeit gezahlt werden sollte. Anhängerinnen und Anhänger der Linken-Fraktion waren die zu Beginn beschlossenen 8,50€ als Untergrenze deutlich zu niedrig, der damalige Unions-Beauftragte hätte sich auch mit 4,50€ als Minimum zufrieden gegeben. Auch wenn heute der Mindestlohn als Grundpfeiler der Beschäftigung nicht mehr in Frage gestellt wird, zeichnet sich dennoch ein ähnliches Bild, wenn es um sein Volumen geht: Es sind speziell die Fraktionen von Bündnis90/Die Grünen und Die Linke, die eine deutliche Aufstockung fordern – trotz der erstmaligen Überschreitung der Grenze von zehn Euro pro Stunde im Sommer 2022.
Die Konferenz der Ministerpräsident:innen bestimmte ein Jahr lang die deutsche Pandemiebekämpfung, weil diese im deutschen Föderalismus erstmal Ländersache ist. Dadurch wurde die MPK regelmäßig zu einem Showdown, oder zumindest als solcher inszeniert. Meistens wurde erst spät in der Nacht ein Kompromiss gefunden. Am nächsten Tag verkündeten dann verschiedene Bundesländer die vielen Arten, auf die sie von diesem Kompromiss abweichen würden.
Die letzte MPK fand am 22. März statt. Auf dieser wurde im Angesicht steigender Inzidenzen eine sogenannte ‚Osterruhe‘ beschlossen. Nur ein paar Tage später musste diese aber wieder gekippt werden, weil sie so kurzfristig nicht umsetzbar war. Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm den Fehler zwar auf sich, es folgte trotzdem starke Kritik am gesamten Format der MPK. In der Folge beschloss die Bundesregierung, nachdem die bereits Anfang März beschlossene Notbremse ab einer 7-Tage-Inzidenz von 100 seitens einzelner Kommunen und Ländern nicht konsequent umgesetzt wurde, einzelne Maßnahmen wie eben diese Notbremse über eine Änderung der Infektionsschutzgesetzes durchzusetzen. Soweit der Stand für alle beneidenswerten Menschen, die seit Monaten unter einem Stein gelebt haben.
Warum fehlt es immer noch an einem Tempolimit auf deutschen Autobahnen, obwohl es uns in Sachen Klimaschutz erwiesenermaßen nach vorne bringen und eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger eine Einführung unterstützen würde? Warum liefert die Bundesregierung immer noch Waffen in dubiose Drittländer wie Saudi-Arabien, obwohl diese damit möglicherweise kriegerische Handlungen vollziehen? Das sind nur zwei von etlichen Fragen, die zeigen, dass die Handlungen der Bundesregierung häufig dem widersprechen, was nach außen als Grundpfeiler der deutschen Politik proklamiert wird. Grund dafür ist in vielen Fällen der Lobbyismus – Unternehmen, Verbände oder andere Organisationen nehmen Einfluss auf politische Entscheidungs- oder Gesetzgebungsprozesse, indem sie ihre Interessen von gewählten Volksvertreterinnen und -vertretern durchsetzen lassen.
Im Mai 2020 erregte ein Gesetz zur Regelung der Vorratsdatenspeicherung besondere Aufmerksamkeit. Aspekte dieses und einiger anderer Gesetze zur manuellen Datenerhebung wurden in Folge dessen vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für gesetzeswidrig erklärt. Dieses Gesetz musste also möglichst schnell neu gefasst und die „verfassungswidrigen“ Aspekte gestrichen werden.
Anfang dieses Jahres legte dann die antragstellende Große Koalition eine veränderte Fassung des Gesetzes, ein sogenanntes Reparaturgesetz vor. Dieses wurde im Bundestag und den zuständigen Ausschüssen sehr kontrovers diskutiert. Die Oppositionsfraktionen äußerten sich hierbei nicht nur kritisch zum Inhalt der Gesetzesänderung, sondern auch zu der Art und Weise, auf die diese verabschiedet wurde.
Um den Inhalt des neuen Gesetzes und der Diskussionen soll es in diesem Recap gehen.