Langsam, aber sicher begibt sich auch der Deutsche Bundestag in den Wahlkampf-Modus. Das hat vor allem Auswirkungen auf die regelmäßigen Debatten im Parlament, denn in den Jahren von Bundestagswahlen finden nach der turnusmäßigen zweimonatigen Sommerpause ab Anfang Juli keine Debatten und Abstimmungen im Bundestag statt, die Zeit investieren die einzelnen Parteien dann in die heiße Wahlkampfphase. Das bedeutet konkret: Diese Woche ist die vorletzte Woche, die mit Entscheidungen um Gesetzesentwürfe und Anträge gefüllt ist. Gewohntermaßen werden die letzten Abstimmungen der endenden Legislaturperiode genutzt, um Wahlversprechen auf den letzten Drücker in die Tat umzusetzen – auch, um kurzfristig noch einmal einen guten Eindruck bei potentiellen Wählerinnen und Wählern zu hinterlassen. Das ist in diesem Jahr nicht anders, in dieser Woche gibt es zu viele spannende Themen, als dass wir uns im Vorfeld für einen speziellen Entwurf oder Antrag entscheiden konnten. Stattdessen werfen wir komprimiert den Blick auf drei der wichtigsten Themen in dieser Woche – all das im Bundestag XXL.
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„Corona-Impfturbo in Deutschland”, „Deutschland legt den Impfturbo ein”, „Deutschland zündet tatsächlich den Impfturbo”. Die Meldungen überschlagen sich und das nicht zu Unrecht – Mehr als ein Viertel der Bevölkerung wurde einmal geimpft. Es sind gute Nachrichten, insbesondere nach den Startschwierigkeiten der deutschen Impfkampagne. Für diesen Monat werden weitere Großlieferungen erwartet und die Impfpriorisierung wird voraussichtlich im Juni aufgehoben.
Ich will diese Meldungen nicht gänzlich schlecht reden, trotzdem sind sie leider zweitrangig. Denn selbst wenn ganz Deutschland morgen durchgeimpft wäre, nur globaler Impffortschritt kann die Pandemie beenden und im Übrigen schon vor dem Ende Hunderttausende Menschenleben retten. Der eigene Nutzen für Deutschland wird spätestens klar, wenn man sich die zahlreichen Mutationen ansieht, die schon jetzt auf der ganzen Welt kursieren. Deshalb ist die weltweite Impfstrategie auch ein Thema für den deutschen Bundestag. Am Donnerstag wird im Parlament über einen Antrag von Die Linke hierzu diskutiert und abgestimmt. Ihn will ich mir genauer anschauen und die sehr spannende Diskussion um den ‘TRIPS-Waiver’ erläutern, der eine temporäre Aufhebung von Patenten auf Impfstoffe zur Folge hätte.
Die Geschichte des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland ist noch nicht allzu lang, es gibt ihn im Sommer 2021 gerade einmal sieben Jahre – und doch ist die Diskussion um das Thema immer wieder eine hitzig geführte. Zum Teil liegt das vermutlich an der Entwicklung hin zu einer vorgeschriebenen, branchenübergreifenden Lohnuntergrenze. Jahrelanger Ablehnung durch die Union und der FDP weit vor der Einführung 2014 standen regelmäßig Forderungen von SPD, der Linken und Arbeitnehmerverbänden gegenüber. Dabei ging es in großen Teilen um die Höhe der Summe, die minimal für eine Stunde Arbeit gezahlt werden sollte. Anhängerinnen und Anhänger der Linken-Fraktion waren die zu Beginn beschlossenen 8,50€ als Untergrenze deutlich zu niedrig, der damalige Unions-Beauftragte hätte sich auch mit 4,50€ als Minimum zufrieden gegeben. Auch wenn heute der Mindestlohn als Grundpfeiler der Beschäftigung nicht mehr in Frage gestellt wird, zeichnet sich dennoch ein ähnliches Bild, wenn es um sein Volumen geht: Es sind speziell die Fraktionen von Bündnis90/Die Grünen und Die Linke, die eine deutliche Aufstockung fordern – trotz der erstmaligen Überschreitung der Grenze von zehn Euro pro Stunde im Sommer 2022.
In nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen hat die Digitalisierung bereits seit einigen Jahren weltweit Einzug gehalten. Davon kann sich auch der Verkehrssektor nicht freisprechen, neue Technologien werden entwickelt, das Fahrerlebnis für die Bürgerinnen und Bürger soll fortlaufend gemütlicher werden. Neben der Verbesserung des eigenen Fahrerlebnisses durch Elemente des autonomen Fahrens gilt das zu einem großen Teil ebenfalls für den Aspekt der Personenbeförderung. Vor nunmehr zwölf Jahren stieg der Onlineanbieter Uber in den Markt ein und warb besonders mit einfachem Zugang und einer günstigen Plattform. Einfacher und günstiger als das Taxi, das bis dahin quasi alternativlos von den Menschen genutzt wurde, die schnellstmöglich von Punkt A zu Punkt B gelangen mussten. Doch auf einmal war Uber da, zuerst in den USA, mittlerweile ist das Unternehmen international von Brasilien über Südafrika bis Australien verbreitet. Mit dem eigenen Smartphone bedient und anhand des eigenen Standortes auffindbar, hat sich Uber zu einer beliebten Alternative zum Taxi und so zu einem börsendotierten Unternehmen entwickelt, das 2019 13 Milliarden US-Dollar erwirtschaften konnte. Die Vorteile für Kundinnen und Kunden liegen dabei auf der Hand: kurze Wartezeiten, moderne Zahlungsweisen und tatsächlich niedrigere Preise.
Als im letzten Jahr die Black Lives Matter-Bewegung in den USA durch den Tod von George Floyd neu entfacht wurde, schwappte sie auch nach Deutschland. Hier wurde anschließend von vielen Seiten betont, man könne den Rassismus in Deutschland nicht mit den USA vergleichen. Obwohl man natürlich grundsätzlich alles vergleichen kann, erstmal stimmt die Aussage, dass die USA teilweise mit anderen Problemen zu kämpfen haben als Europa. Das gilt allerdings auch umgekehrt. So gehört für europäische Länder zur Auseinandersetzung mit Rassismus die Aufarbeitung ihrer Kolonialgeschichte. An diesem Punkt wird von deutscher Seite wiederum meistens argumentiert, andere europäische Länder wie Großbritannien und Frankreich wären ja viel schlimmer gewesen. Und auch hier ist zunächst etwas Wahres dran, denn die beiden Länder besaßen tatsächlich mehr und größere Kolonien.
Der deutsche Export von militärischen Gütern ins Ausland geht seit 2017 stetig zurück, allein 2020 sanken die Einnahmen um mehr als ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr. Grund dafür ist ein seit 2019 gefahrener restriktiver Kurs der Bundesregierung bei Lieferungen in Staaten außerhalb der Europäischen Union und der Nato, der unter anderem dazu geführt hat, dass Saudi-Arabien bis mindestens Ende 2021 keine Waffenlieferungen von deutscher Seite zu erwarten hat.
Geschrieben und recherchiert von Jasper Bennink.
Maßnahmen zur Änderung des Wettbewerbsrechts sind beileibe nichts Neues, Reformvorschläge und Änderungswünsche wurden in den vergangenen Jahren immer wieder geäußert, mit ihnen einher gingen häufig eine Verschärfung des deutschen Kartellrechts oder ausgeweitete Kompetenzen für verbraucherschützende Instanzen.
Dennoch ging der am vorherigen Donnerstag eingebrachte Gesetzesentwurf in eine andere Richtung, denn er widmete sich zum ersten Mal explizit den digitalen Wettbewerbsriesen, den big players in der modernen Weltwirtschaft wie Amazon, Google oder Apple. Deren Einfluss hat sich in den letzten Jahren, jedoch noch einmal besonders extrem im Zuge der Corona-Pandemie, vergrößert, im dritten Quartal 2020 erreichte der amerikanische Online-Shopping-Riese Amazon alleine einen Umsatzanstieg um 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Parallel zu der rasanten Entwicklung der Konzerne erwuchs weltweit Kritik an der Art und Weise des Wirtschaftens, Vorwürfe über finanzielle Intransparenz im Zusammenhang mit Steuerzahlungen oder wettbewerbsschädigende Geschäftspraktiken sind dabei nur zwei Beispiele von vielen. Um den Anforderungen neuer Herausforderungen des digitalen Wettbewerbs gerecht zu werden, hat Bundeswirtschaftsminister Altmaier bereits im September 2018 die Kommission Wettbewerbsrecht 4.0 eingesetzt. Diese sollte seither die Notwendigkeit von „Änderungen des wettbewerblichen Rahmens prüfen, um in Deutschland und Europa international wettbewerbsfähige Digitalunternehmen zu ermöglichen“. Am 14. Januar wurde nun die Gesetzesvorlage diskutiert, zu der die Grünen, Die Linke und die FDP jeweils Anträge einreichten. Ein detaillierter Blick auf die Diskussion wird im dieswöchigen und in meinem persönlich ersten Recap geworfen.
Die zahlreichen Corona-Ausbrüche in der Fleischindustrie bekamen im Sommer viel öffentliche Aufmerksamkeit. Zwar ging es zunächst um Infektionsausbrüche, in der Folge wurde aber nicht nur über Hygienebedingungen, sondern auch über Werkverträge und Leiharbeit diskutiert. Die Arbeitsverhältnisse in der Fleischindustrie sind somit wohl in die Kategorie der Probleme einzusortieren, die schon vor der Pandemie existierten, durch sie aber noch deutlicher sichtbar wurden. Am Mittwoch, vorletzten Sitzungstag des Bundestages in diesem Jahr, stimmte das Parlament über das von der Bundesregierung eingebrachte Arbeitsschutzkontrollgesetz ab. Hubertus Heill, Chef des hierfür federführenden Ministeriums für Arbeit und Soziales, will damit den viel kritisierten Verhältnissen für Beschäftigte der Fleischindustrie ein Ende bereiten. Die der Abstimmung vorangegangene Debatte fassen wir in unserem letzten Recap 2020 zusammen.
Normalerweise dient dieses Format der Zusammenfassung, Einordnung sowie dem Vergleich verschiedener Anträge und Entwürfe anstehender Abstimmungen. Das soll euch vor allem dabei helfen, bei größeren Tagesordnungspunkten eine informierte Entscheidung in der App treffen zu können. Doch der Bundestag stimmt über verschiedene Arten von Dokumenten ab, und da er in der kommenden Woche hauptsächlich mit dem Haushalt für 2021 beschäftigt ist, nutzen wir die Gelegenheit, um euch den Unterschied zwischen Beschlussempfehlungen, Gesetzentwürfen und Anträgen zu erklären. Außerdem gehen wir nicht nur auf den Prozess der Gesetzgebung ein, sondern zeigen auch, wie dieser sich in der App niederschlägt. Aber eins nach dem anderen.