Geschrieben und recherchiert von Jasper Bennink.

Maßnahmen zur Änderung des Wettbewerbsrechts sind beileibe nichts Neues, Reformvorschläge und Änderungswünsche wurden in den vergangenen Jahren immer wieder geäußert, mit ihnen einher gingen häufig eine Verschärfung des deutschen Kartellrechts oder ausgeweitete Kompetenzen für verbraucherschützende Instanzen.
Dennoch ging der am vorherigen Donnerstag eingebrachte Gesetzesentwurf in eine andere Richtung, denn er widmete sich zum ersten Mal explizit den digitalen Wettbewerbsriesen, den big players in der modernen Weltwirtschaft wie Amazon, Google oder Apple. Deren Einfluss hat sich in den letzten Jahren, jedoch noch einmal besonders extrem im Zuge der Corona-Pandemie, vergrößert, im dritten Quartal 2020 erreichte der amerikanische Online-Shopping-Riese Amazon alleine einen Umsatzanstieg um 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Parallel zu der rasanten Entwicklung der Konzerne erwuchs weltweit Kritik an der Art und Weise des Wirtschaftens, Vorwürfe über finanzielle Intransparenz im Zusammenhang mit Steuerzahlungen oder wettbewerbsschädigende Geschäftspraktiken sind dabei nur zwei Beispiele von vielen. Um den Anforderungen neuer Herausforderungen des digitalen Wettbewerbs gerecht zu werden, hat Bundeswirtschaftsminister Altmaier bereits im September 2018 die Kommission Wettbewerbsrecht 4.0 eingesetzt. Diese sollte seither die Notwendigkeit von „Änderungen des wettbewerblichen Rahmens prüfen, um in Deutschland und Europa international wettbewerbsfähige Digitalunternehmen zu ermöglichen“. Am 14. Januar wurde nun die Gesetzesvorlage diskutiert, zu der die Grünen, Die Linke und die FDP jeweils Anträge einreichten. Ein detaillierter Blick auf die Diskussion wird im dieswöchigen und in meinem persönlich ersten Recap geworfen.

Den Anfang der Diskussion machte der zuständige Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion Dr. Matthias Heider, der das diskutierte Gesetzespapier als den weltweit ersten Vorstoß im Kampf gegen digitale Großkonzerne adelte. Die geplanten Änderungen sollten dabei „weder die Zerschlagung noch die Verbannung der Technologiekonzerne vorantreiben“, sondern lediglich das Kartellrecht moderner, schneller und effektiver machen. Das Bundeskartellamt müsse in Zukunft mit mehr Durchsetzungskraft und Schwung gegen wettbewerbseinschränkende Maßnahmen von Unternehmen vorgehen können, zum Beispiel wenn diese als Marktplatz eigene Produkte bevorzugten und andere diskriminierten.

Die AfD in Person von Dr. Lothar Meier machte als Reaktion auf den Gesetzesvorschlag bereits zu Beginn deutlich, dass sie eine Enthaltung in der Abstimmung für alternativlos halte. Generell seien einige wichtige Aspekte in der Vorlage enthalten, jedoch sollte sich der Verbraucherschutz stärker auf „Freiwilligkeit, auf persönliche und kollektive Verantwortung“ stützen. Parallel dazu halte seine Partei eine sogenannte Ko-Regulierung für sinnvoll, die sich an anderen Nationen wie Großbritannien oder Australien orientieren solle. Dort würden Codes of Conduct für eine von Wirtschaftsverbänden, Verbraucherverbänden und staatlichen Behörden ausgehandelte Regelungen sorgen, die sich nachdrücklich bewährt hätten.

Ebendiese Codes of Conduct hält Falko Mohrs von der SPD nicht für eine zielführende Methode zur Regulierung des Marktes, um den immer stärkeren Tendenzen zu Monopolen nach dem Motto The winner takes it all entgegenzuwirken. Vielmehr müsse auch aus seiner Sicht das Kartellamt gestärkt werden, sodass es die Möglichkeit erhält, „vor den Markt kommen“ zu können, um proaktiv und präventiv tätig zu werden.

Ähnlich wie die AfD betonte auch Michael Theurer für die FDP die Notwendigkeit der Enthaltung seiner Partei, dafür führte er mehrere Gründe an: Erstens sei die Gesetzesvorlage nicht präzise genug, da etliche Mechanismen des digitalen Wettbewerbs missachtet würden. Als ein Beispiel nannte er das sogenannte Tipping, welches zu einer starken Beeinflussung von Nutzenden beitrage. Zweitens lehne seine Partei eine nationale zugunsten einer europäischen Regelung ab, in diesen Zusammenhang seien der Digital Services Act und der Digital Markets Act fürs Erste zufriedenstellende Ansätze. Deutschland solle stattdessen primär für bessere Rahmenbedingungen in der Digitalwirtschaft sorgen, um attraktivere Möglichkeiten für Start-Ups oder IT-Expert:innen zu kreieren.
 

Auch Die Linke mit ihrem Redner Pascal Meiser kritisierte die Aussparung einzelner Elemente in der Vorlage, mit der die Gesetzgeber lediglich „halbe Sachen“ machten. Speziell die Frage, wie mit dem Problem der Killer-Akquisitionen – dem gezielten Aufkaufen von Start-Ups – umgegangen wird, bleibe unbeantwortet. Damit verbunden sei eine strengere Ausrichtung der Vorlage anzustreben, indem nationale und europäische Strukturen zusammengeführt werden, die im Zweifel als „ultima ratio“ marktbeherrschende Konzerne zerschlagen können sollten.

Die Grünen-Abgeordnete Katharina Dröge wiederum sieht in der Gesetzesvorlage einen „Schritt in die richtige Richtung“, bemängelt gleichzeitig allerdings eine zu starke Fokussierung auf die allergrößten digitalen Unternehmen. Dies führe ihrer Meinung nach dazu, dass andere Aspekte des technologischen Wettbewerbs auf der Strecke blieben. Besonders sei hier der Verbraucherschutz zu nennen, dessen Missachtung die „große Leerstelle im Gesetzesentwurf“ darstelle.

Zum Abschluss der Debatte verteidigte Hansjörg Dutz (CDU/CSU) das Vorhaben noch einmal vor den kritischen Einwürfen der Oppositionsparteien, indem er einerseits herausstellte, dass die Rufe nach einem noch schärferen Vorgehen zu kurz gedacht seien, da die Gesellschaft gerade derzeit stark von digitalen Plattformen profitierte. Andererseits trage das entworfene Gesetz ohnehin schon dazu bei, dass nun der „Mensch zur bestimmenden Konstante der digitalen Wirtschaft“ würde. 

Auch wenn während der Debatte die Effektivität dieses Entwurfes von verschiedenen Seiten hervorgehoben wurde, scheinen sich nahezu alle Parteien darüber einig zu sein, dass die nationalen Regelungen als Vorbild für Europa dienen sollten, um den digitalen Wettbewerb nachhaltig aufrechtzuerhalten.
Zunächst wurde nun jedoch die Gesetzesvorlage des Bundeswirtschaftsministerium mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der AfD, der FDP und der Fraktion Die Linke angenommen. Alle weiteren zur Abstimmung stehenden Anträge wurden im Folgenden abgelehnt.